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Wut bei Kindern - wie geht man damit um?

Plötzliche Wutausbrüche bei Kindern sind für uns Erwachsene nicht immer nachvollziehbar. Der selbstkontrollierte Umgang mit Wut ist ein Lernprozess, den Eltern positiv prägen können. Denn Wut tut auch gut und hat viel Potenzial.


Kindliche Wut - wie geht man mit ihr um?

Seid ihr auch öfter mal der Blitzableiter für eurer Kind? Manchmal schlägt die Laune von einer Sekunde auf die nächste um, plötzlich verwandelt sich das scheinbar gut gelaunte Kind in ein wütendes. Ein falsches Wort oder eine falsche Geste, können die Wut auslösen - oder auch scheinbar nichts. Kindliche Wut ist facettenreich - sie kann sich in einem verzweifelten Weinen äußern, in Schreien, im Zerstören des eben noch voller Freude gemalten Bildes oder es gibt einen türenknallenden Rückzug ins Kinderzimmer. Bei Teenagern kann auch ein elterlicher "Rausschmiss" aus dem Kinderzimmer drohen. Egal wie, Wut ist ein intensives, mächtiges und vollkommen natürliches Gefühl, welches man annehmen und oftmals in positive Energie umwandeln kann.

Umgang mit Wut wird in der Familie geprägt

Aber wie gehen wir Eltern damit um, was vermitteln wir unseren Kindern? Psychologen sagen, dass der Umgang mit Wut auch familiär geprägt wird, weil jede Familie ihre eigene Wut-Kultur hat. Dürfen negative und auflehnende Gefühle in der Familie nicht ausgelebt werden, sammelt sich innerlich Wut an, die sich irgendwann, oft aus scheinbar nichtigem Anlass, entlädt. Oder werden Kinder erst wahrgenommen, wenn sie wütend und laut werden, wird ihnen suggeriert, dass Wut mehr Aufmerksamkeit hervorruft als stilles Spielen. Ein Wutausbruch kann aber auch eine Reaktion auf ständige Anforderungen und Druck in der Familie sein.

Der nicht-zerstörerische Umgang mit Wut ist ein (Lern)Prozess. Wir Eltern können dies vorleben und gleichzeitig seltene Wutausbrüche nicht überbewerten und aushalten bzw. die Wut richtig einordnen und den Auslöser der Wut hinterfragen. 

Überforderung und Frustration können Wut hervorrufen

Wut kann viele Ursachen haben. Eine mögliche Ursache ist Überforderung. Beispielsweise hat meine Tochter früher immer einen - aus meiner damaligen Sicht - riesigen Aufstand gemacht, wenn sie dienstags zur frühkindlichen Musikerziehung "musste", obwohl sie Spaß an Musik hatte. Ich konnte diese Wut und Ablehnung nicht richtig einordnen. Heute weiß ich, dass meine damals 4-jährige Tochter nicht die Musikschule an sich ablehnte, sondern die Gesamtsituation. Denn ich holte sie nachmittags aus dem Kindergarten ab und wir gingen direkt weiter zum Musikunterricht. Das hat mein Kind schlichtweg überfordert, glaube ich zumindest heute. Endlich sah sie nach einem langen Kindergarten-Tag die Mama und dann musste sie sich gleich wieder von ihr trennen. Das war zu viel! Das Verhalten meiner Tochter änderte sich nicht, daher meldete ich sie nach wenigen Stunden wieder ab. Heute analysiere ich die Situation anders. Wut war ihr Ausdruck für "Ich will das so nicht". Hätten wir zwischen Kindergarten-Abholung und Musikschule eine halbe Stunde reine Mama-Tochter-Zeit gehabt, hätte sich meine Tochter vielleicht mit Freude auf das Musikmachen einlassen können.

Wut hat auch positives Potenzial

Dieses Beispiel lässt sich auf viele andere Alltagssituationen übertragen. Heute noch reagiert meine Tochter manchmal mit Wut, wenn sie gestresst ist, ihr alles zu viel wird oder sie sich von mir und ihrem näheren Umfeld unverstanden oder unfair behandelt fühlt. Ich bemühe mich mittlerweile, hiermit gelassen umzugehen, ihr mit Geduld und Ablenkung zu begegnen (z.B. mit einer kleinen Kissen- oder Sockenschlacht). In der akuten Wutphase helfen Reden und Nähe nicht immer, Wut braucht häufig einen gewissen Raum. Nach einer Weile kann man gemeinsam mit seinem Kind die Wut analysieren und verbalisieren. Wut sollte nicht verteufelt werden, sie ist ein völlig normales Gefühl, wenn jemand die eigenen Grenzen überschreitet. Dies können wir Eltern vermitteln. Wut tut auch gut! Kommt die Wut z.B. aus einer Enttäuschung oder aus einem Frust heraus, kann sie vielleicht mit elterlicher Unterstützung in "Jetzt-erst-recht-Energie" umgewandelt werden.

Und was ich neulich las: Intensive Gefühle wie Wut leben Kinder meist nur bei den Menschen aus, denen sie vertrauen, und bei denen sie wissen, dass sie sein können wie sind, mit allen Facetten. Also ist die Offenbarung emotionaler Ausbrüche fast eine Liebeserklärung. Dies beruhigt doch, wenn man mal wieder Blitzableiter ist.



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