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Auf-den-letzten-Drücker-Syndrom - was hilft?

Fast immer werden wichtige Dinge kurz vor knapp erledigt - kennt ihr das von euren Kindern oder von euch selbst? Hier erfahrt ihr, wie man diese ständige Aufschieberei überlisten kann.


Mit dem Timer Unliebsames angehen

Darin, Dinge auf den letzten Drücker zu machen, sind wir ganz groß. Bei meinem Sohn ist die Last-Minute-Mentalität besonders ausgeprägt - vor allem rund um die Schule. Zwar weiß er mindestens eine Woche vorher, dass eine wichtige Abgabe oder eine Schulaufgabe ansteht. Dennoch fängt er erst am Vortag, meistens abends, an, sich damit zu beschäftigen bzw. zu lernen. Er hat hier die Ruhe weg, obwohl er sich oft noch kurz vor Lernbeginn erstmal Infos und Unterlagen von seinen Mitschülern besorgen muss. Gerade in den höheren Klassen ist diese Strategie nicht unbedingt zielführend. Das Kurzgedächtnis hat mit der Pubertät gelitten und auch das Ignorieren der Hausaufgaben trägt nicht gerade zu einem Auf-dem-letzten-Drücker-Lernerfolg bei. Dennoch fällt es meinem Sohn schwer, hier umzudenken, frühzeitig anzufangen und den Arbeitsauftrag bzw. Lernstoff auf verschiedene Tage zu verteilen.

Ich packe meinen Koffer (leider nicht)

Von wem hat er das nur? Ja, ich bekenne, ich befürchte von mir. Laut Erzählungen meiner Eltern wies meine Schulzeit, speziell in der Oberstufe, wohl deutliche Parallelen zu der meines Sohnes auf. Zwar bin ich heute in vielen Sachen gut organisiert, aber immer noch gibt es Dinge, die ich kurz vor knapp erledige. Ganz oben auf dieser Liste steht: Packen! Vor jeder Reise - gleich, ob ein Wochenendtrip oder ein längerer Urlaub ansteht - nehme ich mir vor, spätestens am Vortag mit dem Packen fertig zu sein. Aber letztendlich packe ich, während der Rest der Familie schläft, Koffer und Taschen kurz vor Abreise bis in die Nacht bzw. stehe am Reisetag ganz früh auf, um alles fertig zu bekommen. Zwar stelle ich zeitig das Waschzeug, Sonnenmilch sowie die Reiseapotheke zusammen, aber das eigentliche Klamotten-Packen ist und bleibt mir ein Graus. Das Gleiche gilt übrigens fürs Auspacken, auch bei Einkäufen - obwohl man sagen kann, dass ich ansonsten nahezu einen Ordnungszwang habe.  

Ständiges Aufschieben hat einen Namen

Dieses Auf-den-letzten-Drücker-Syndrom bzw. das ständige Aufschieben von Dingen ist aber wohl nicht nur ein Phänomen unserer Familie. Es gibt sogar einen medizinischen Fachbegriff dafür, wenn der persönliche Leidensdruck zu groß ist und es das ganze Leben beeinträchtigt: Prokrastination (lat. procrastinare = aufschieben). Doch gleich, ob die Aufschieberei zur Gewohnheit geworden ist oder ob sie gar krankhaft ist, es gibt generell ein Problem beim Setzen von Prioritäten und mit dem Zeitmanagement.

Was können wir nun dagegen tun? 8 Tipps:

  1. Macht euch eine Prioritätenliste - was ist wirklich wichtig? Was brennt?
    Der Tagesplan sollte nicht zu voll sein, schreibt lieber einen Wochenplan (-> vor allem als Lernplan vor Klassenarbeiten sehr geeignet)
  2. Wie sieht die Aufgabe konkret aus? Lässt sich die Aufgabe evtl. in konkrete Teilschritte einteilen? Arbeitsschritte der einzelnen Punkte planen und Dauer abschätzen - notiert euch ggf. hierzu Stichpunkte.
  3. Störquellen ausschalten - was lenkt ab (Handy, TV, Emails, Geräuschpegel)?
  4. Wendet die „Arbeitszeitreduktion“-Methode an. Legt ein Zeitfenster fest und schaut, was ihr konkret in z.B. 30, 45 oder 60 Minuten schafft - zum Start sind auch 10-15 min pro Tag völlig okay (z.B. fürs Vokabeltraining, Aufräumen oder fürs Erledigen von Teilaufgaben, s. Punkt 2)
  5. Teilt anderen mit, was ihr vorhabt bzw. trefft mit eurem Kind eine Absprache, wenn der erste Punkt angegangen wird - und dann geht's los!
  6. Hakt erledigte Punkte auf der Prioritätenliste ab und belohnt euch (dich selbst und/oder dein Kind)! Etwas geschafft zu haben, seinen inneren Schweinehund überwunden zu haben, mutig die Dinge anzugehen, beflügelt und setzt Energien frei.
  7. Schaut, was euch besser passt - ein größeres ToDo-Zeitfenster oder mehrere kleine? Und klappt es an einem Tag nicht, nehmt es einfach an.
  8. Hinterfragt euer häufiges Aufschieben allgemein - ist es nur Lustlosigkeit bzw. der Interessensfokus auf anderen Dingen oder stecken z.B. andere Probleme, wie Versagensängste dahinter? Dann ist es wichtig, im ersten Schritt in der Familie (oder im Job) darüber zu reden und sich ggf. professionelle psychologische Hilfe zu holen.

Wichtig ist es, sich nicht zu überfordern oder unrealistische, zu große ToDos auf die Liste zu setzen. Fangt im Kleinen an - nicht nur das Ziel zählt, sondern auch der Weg und der Wille, etwas verändern zu wollen. Viele lähmt derzeit das Weltgeschehen, auch ich hatte die letzten Wochen ein Motivationstief. Dann heißt es, die persönliche Situation anzunehmen ("Radikale Akzeptanz") und das tatsächliche ToDo-Zeitfenster (s. Punkt 4) kurz zu wählen. Manchmal sind 2 bis 3 x 10 Minuten täglich realistischer als 1 x 30 Minuten (s. Punkt 7). Ihr schafft das!


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