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Textaufgaben sind bei vielen Schulkindern verhasst. Auch meine Tochter sitzt vor der Sachaufgabe in ihrem Mathebuch wie das Kaninchen vor der Schlange. Bei einem gut gemeinten Rat wie "Lies die Aufgabe doch erstmal durch!" fällt die Klappe endgültig. Totalblockade! Und ich kann sie sehr gut verstehen, mir ging es früher ähnlich. Eigentlich kam ich in Mathematik gut mit, aber Textaufgaben fielen mir nicht leicht. Wobei ich mich im Rückblick frage, ob es nicht viel mehr die Angst bzw. innere Ablehnung dieses Aufgabentyps war als das Verständnis selbst. Denn wenn ich heute als Erwachsene Mathe-Sachaufgaben lese, empfinde ich sie nicht mehr als so kompliziert. Dies ist aber vermutlich auch der Tatsache zu verdanken, dass man als Erwachsener durch zahlreiche Entwicklungs- und Lernprozesse (zumindest scheinbar ;) einen klareren Blick für das Wesentliche hat.
Und genau dies ist schon ein entscheidender Aspekt für das bessere Verständnis von Textaufgaben. Man muss sie "entschlacken" und die benötigten Informationen aus dem Text ziehen, um z.B. eine Rechengleichung aufstellen zu können. Oft sind einige Textinhalte für das Lösen der Aufgabe nicht relevant, sie dienen eher zur Verwirrung. Um die Essenz des Textes zu erfassen, auch, wie man enthaltene Zahlen ins Verhältnis setzt (addiert, subtrahiert, multipliziert oder dividiert man sie?), ist das sorgfältige Lesen der Aufgabe ganz wichtig. Daher sind Sprach- und Lesekompetenzen selbst im Fach Mathe gefordert und Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) können hier einen Zeitbonus bekommen.
Entscheidend ist immer die Überlegung: Was ist gefragt? Welche Angaben liegen mir zur Lösung der Aufgabe vor? Diese Überlegung gilt übrigens nicht nur für Matheaufgaben. Sach- bzw. Textaufgaben begegnen Schülern in allen Naturwissenschaften (Mathe, Bio, Chemie, Physik) und auch z.B. in Geografie. Nicht selten kostet das unkonzentrierte Lesen der Aufgabe einige Punkte in Tests und Klassenarbeiten. Die Fragestellung wird nicht komplett erfasst oder geforderte Angaben (wenn z.B. das Ergebnis in einer bestimmten Form oder Maßeinheit angegeben werden soll) werden überlesen. Als Tipp: Bei Textaufgaben ist die Lösung meist in einem ganzen Antwortsatz erwünscht.
Beim zweiten Durchlesen der Sachaufgabe können wichtige Angaben im Text markiert werden. Was ist in dem Text für die Lösung der Aufgabe bedeutsam? Lest die Fragestellung(en) genau durch und unterstreicht dann die wichtigen Zahlen und Wörter oder kennzeichnet sie farblich (s. fette Markierungen).
Beispiel:
Es ist Donnerstag. Friseurin Lisa hat heute schon viele Kunden bedient, 3 Frauen, 7 Männer und Kinder. Letzten Donnerstag hatte sie nur 8 Kunden bedient. Für die heutigen 3 Damenschnitte kassierte Lisa jeweils 40 Euro ab, die 7 Herren bezahlten pro Schnitt 20 Euro. Die Kinderfrisuren brachten insgesamt 45 Euro in die Kasse. Es war ein anstrengender Tag für Lisa.
a) Wie viel hat Lisa durch die Damenfrisuren heute verdient?
b) Wie viel hat Lisa insgesamt an dem Donnertag eigenommen?
Zum Lösen der Frage a) benötigt man nur wenige Infos aus dem Text. Welche Zahlen sind relevant? Genau, nur die zu den Damenschnitten sind wichtig, 3 x 40 € (= 120 €) heißt die passende Rechenaufgabe. Also lautet der korrekte Lösungssatz: Lisa hat mit Damenfrisuren heute 120 € verdient.
Für Aufgabe b) sind mehr Angaben aus dem Text wichtig. Muss man zum Lösen der Frage wissen, wie viele Kinder an dem Donnerstag bei Lisa zum Haareschneiden waren? Nein, es genügt zu wissen, dass Lisa mit Kinderfrisuren 45 € verdient hat. Wir müssen also nur alle Einnahmen insgesamt addieren. Dies wäre die korrekte Rechenaufgabe: (7 x 20) + (3 x 40) + 45 = 140 + 120 + 45 (= 305 €). Also lautet der korrekte Lösungssatz: Lisa hat am Donnerstag insgesamt 305 € verdient.
In Sachaufgaben ist nicht von addieren, subtrahieren, multiplizieren oder dividieren die Rede. Diese sogenannten Rechenoperationen werden mit anderen Wörtern (Signalwörter) beschrieben. Hier ein paar Beispiele:
Bei Sachaufgaben zur Geometrie, bei denen Umfänge und Flächen berechnet werden sollen, müssen die erwähnten Begriffe in geometrische Figuren "übersetzt" werden (z.B. stehen das Fußballfeld oder eine Tür für ein Rechteck, die Zirkusmanege für einen Kreis). Beim Rechnen mit Maßen immer an die Angabe der Einheiten denken!
Beispiel:
Frau Schneider ist Schneiderin. Für Frau Meier soll sie eine Tischdecke nähen. Folgende Maße hat die Kundin ihr telefonisch durchgegeben: Ihr rechteckiger Esstisch ist 180 cm lang und 90 cm breit. die neue Decke soll überall 20 cm runterhängen und einen schönen festen Stoff haben. Welche Länge und Breite muss die Decke am Ende am haben? Gib die Lösung in Metern an.
Länge: 180 cm plus 2x 20 cm für jede Seite, also 180 cm + 20 cm + 20 cm = 220 cm = 2,20 m
Breite: 90 cm plus 2x 20 cm für jede Seite, also 90 cm + 20 cm + 20 cm = 130 cm = 1,30 m
Lösungssatz: Die Decke für Frau Meier muss 2,20 m lang sein und 1,30 m breit sein.
Sachaufgaben beschreiben häufig Alltagssituationen. Hier können Eltern als Hilfestellung versuchen, die im Text beschriebene Situation auf den eigenen Alltag des Schülers zu übertragen oder sie mit Dingen (Würfeln, Murmeln, Karten, Geld, Bonbons) nachzustellen.
Beispiele:
1) Susi hat 14 Sticker. Ihre Mutter kauft ihr noch zwei dazu. 3 verschenkt Susi an ihre beste Freundin Stella. Wie viele Sticker hat Susi noch? -> 14 + 2 - 3 = ? = 13
Lösung: Susi besitzt noch 13 Sticker.
Diese Aufgabe lässt sich wunderbar mit Stickern oder Karten nachstellen.
2) Tim hat eine Tüte Gummibärchen. Sein kleiner Bruder isst 3 Stück, Tim selbst isst 5 Stück. Jetzt hat er nur noch 15 Gummibärchen, die verteilt er an seine 3 Freunde. a) Wie viele Gummibärchen waren anfangs in der Tüte? b) Wie viele bekommt jeder Freund?
a) ? - 3 - 5 = 15 -> Umstellen der Aufgabe, ? = 15 + 3 + 5 = 23
Lösung: 23 Gummibärchen waren anfangs in der Tüte.
b) 15 : 3 = ? = 5
Lösung: Jeder Freund erhält 5 Gummibärchen.
Diese Aufgabe lässt sich wunderbar mit Gummibärchen, Murmeln oder Ähnlichem nachstellen.
Natürlich können Schulkinder auch selbst Lehrerin oder Lehrer spielen und Mama und/oder Papa eine Sachaufgabe stellen oder allein die Aufgaben mit Gegenständen anschaulich nachstellen.
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